Hier spielt Valentina Lisitsa „Für Elise“ als Zugabe. Anfangs hört man Gelächter im Publikum, weil niemand „Für Elise“ erwartet hatte.
Die einen dachten vielleicht, „Oh, Elise, die kenn ich!“
Die meisten bewunderten wahrscheinlich den Mut der Pianistin eine so „einfache“ Zugabe zu spielen, wiederum andere überlegten wohl, dass scheinbar einfache
Stücke meist die Schwereren sind. Ich schliesse mich der letzten Gruppe an, denn es ist keine leichte Aufgabe die Elise so zu spielen, ohne dass sie einem gleich zum Hals heraushängt.
Wenn heute Klavierschüler zu mir kommen und die Elise spielen wollen, denke ich „Oh, nö, nicht die Elise!“ und sage „Oh, die Elise! Kennst Du denn auch den
Mittelteil?“ - "Mittelteil?"
Meist lasse ich mich breitschlagen nur die erste Seite einzuüben, denn die Motivation und Übbereitschaft der Schüler geht vor, obwohl sie den Mittelteil aus
technischen Gründen noch nicht spielen können.
Auch wenn Valentina die Elise sehr schön spielt, ich bin kein Elisenfan (ausser Lebkuchen), denn sie hängt mir schon seit ich 9 Jahre alt bin meistens zum Hals
heraus, nicht immer, aber meistens. Dabei fing mit ihr eigentlich erst alles an…
1984 dudelte wochenlang die Elise in den Räumen meines Elternhauses -
du-del-du-del-du du-dudel-duuu
oder besser:
du-del-du – äh, noch mal anfangen, du-de…. du-del-du-del-ddd…. duuuudd… dudeldudelduuu- huuuuu
meine Tante übte…
Meine Tante spielte Klavier und ich wollte es auch lernen. Meine Eltern hatten nie viel Geld, aber zum Glück schickten sie mich doch in den Klavierunterricht der
Musikschule.
Papa hörte damals schon viel klassische Musik und ich lernte die ganzen Chopin Etüden, Schumanns Werke, Beethovens Konzerte und vieles andere kennen, hatte aber
viele Jahre keine Ahnung, von wem die ganzen klassischen Stücke überhaupt waren, die ich da immer hörte.
Das Klavier stand im Klavierzimmer meiner Grosseltern im Erdgeschoss meines Elternhauses väterlicherseits. Das Zimmer war recht gross und durch einen offenen
Bogen zweigeteilt. Es wurde von der Familie nur zu besonderen Anlässen benutzt. Also eigentlich nur an Weihnachten, wo die grosse Familie heile Welt spielte und aber ansonsten meistens
verstritten war.
Im Klavierzimmer war es immer kalt. Wenn ich üben wollte, musste ich eine halbe Stunde vorher die beiden Heizkörper auf 5 stellen, damit es wenigstens ein
bisschen warm war (aber das war auch ein gutes Training für meinen späteren Organistenjob in meist kalten Kirchen).
Eigentlich darf ich es hier gar nicht hinschreiben, aber ich glaube, ich habe die ersten 7 Klavierjahre nicht sehr viel geübt.
Mein erstes Stück war ein brutales Kinderlied (was einem aber erst im Erwachsenenalter auffällt):
„Ist ein Mann in Brunnen g’fallen, hab ihn hören plumpsen, wär er nicht hineingefallen, wär er nicht ertrunken“.
Erster Klavierunterricht und schon die erste Leiche (und heute bin ich mit einem Kriminaloberkommissar verheiratet, haha)!
Ich bekam dann aber gleich mein erstes Klavierheft „Kleine Finger am Klavier“. Ich war so neugierig, welche Stücke darin enthalten waren, dass ich von vorne bis
hinten alle Stücke vom Blatt durchspielte. Natürlich anfangs meist nur im Schneckentempo. Das machte ich mit jedem neuen Heft so. Und ich war jedes Mal stolz, wenn mir die Klavierlehrerin am
Ende des Heftes die Urkunde unterschrieb...
(Schüler bitte nächsten Satz NICHT lesen!)
Meine „Hausaufgaben“ übte ich immer nur eine halbe Stunde vor Unterrichtsbeginn. Ich denke mal, wenn ich die ersten Jahre nicht so „faul“ gewesen wäre, wäre ich
vielleicht heute Konzertpianist geworden. Aber Gott sei Dank ist alles anders gekommen….
Eigentlich ist die Elise ja schön und wenn ich sie gelegentlich (also alle 3 Jahre mal) vom Blatt spiele bekomme ich sogar Gänsehaut. Doch warum nervt sie mich
meistens? Liegt es daran, dass jeder glaubt, sie spielen zu können? Im Youtube-Getümmel gibt es ja allerlei Versionen.
Ich denke, kein anderes klassisches Stück löst so viele verschiedene kreative Schübe im Menschen aus wie "für Elise". Auf Youtube kann man Tage verbringen, um
sich alle anzutun, aber ich habe mal hier meine Favoriten-Auswahl zusammen gestellt (ohne Anspruch auf Vollständigkeit und ohne Haftung der einzelnen Links). Falls jemand ein Problem mit den
Links hat, dann bitte melden und ich entferne den „Problemlink“:
Doch wer war Elise eigentlich? Die Fachwelt ist sich hier nicht ganz einig. Der Musikwissenschaftler und Komponist Klaus Martin Kopitz ist überzeugt, dass es die
Opernsängerin Maria Eva Röckel war.
Maria Eva Röckel wurde im März 1793 in Neunburg vorm Wald in der Oberpfalz geboren und als "Maria Eva" getauft. Durch ihren Bruder Joseph August Röckel, Tenor
und enger Freund Beethovens, kam sie mit 14 Jahren nach Wien und gehörte bald auch zu Beethovens engerem Freundeskreis. In Wien verhalfen ihr Gesangs- und Schauspielunterricht zu einer
erfolgreichen Theaterkarriere, woraufhin sie angeblich den Namen ihrer Mutter "Elisabeth" als Künstlernamen annahm und dort auch als "Elise" bekannt gewesen sein soll. In manchen Briefen
nannte sie sich auch "Betty". 1813 heiratete sie den Komponisten Johann Nepomuk Hummel, beendete 1814 ihre Karriere und bekam zwei Söhne, Eduard Hummel (Musiker) und Carl Hummel (Maler). 1819
zog die Familie nach Weimar, wo Elisabeth 12 Tage vor ihrem 90. Geburtstag verstarb.
Der Wiener Musikwissenschaftler Michael Lorenz ist mit Kopitz Theorie überhaupt nicht einverstanden und kritisiert in seinem Artikel "Die enttarnte Elise"
ausführlich Kopitz unseriöse Beweisführung und wackelige Thesen. (Siehe Link in den Quellenangaben)
1865 fand der Musikwissenschaftler Ludwig Nohl das heute verschollene Autograph bei Babette Bredl in München, schrieb es ab und veröffentlichte es 1867 in seinem
Buch "Neue Briefe Beethovens". Lesen wir mal, was er auf dieser ersten Ausgabe notierte:
"Das nachstehende bisher unbekannte, zwar nicht eben bedeutende aber recht anmuthige Klavierstückchen stammt ebenfalls aus dem Nachlaß der Frau Therese
von Droßdik geb. Malfatti, die es der Frl. Bredl in München geschenkt hat. Es ist zwar nicht für Therese geschrieben, sondern enthält von Beethovens Hand die Aufschrift: "Für Elise am
27 April zur Erinnerung von L.v.Bthvn," - welcher Elise sich Freifrau von Gleichenstein nicht erinnert. Es möge hier aber gleichsam als Zugabe zu dem anmuthigen Verhältniß des
Meisters zu der schönen braunlockigen Therese auch eine Stelle finden."
Und hier fangen nun die Spekulationen über das "unbekannte" "nicht eben bedeutende" "Klavierstückchen" an, wenn man sich die Fakten von Augen hält:
Ein damaliger namhafter Musikwissenschaftler hatte das Original abgeschrieben, welches aber leider bis heute verschwunden ist.
Hat Ludwig Nohl den Titel vielleicht nur erfunden? Vielleicht weil er selber für eine "Elise" schwärmte? Vielleicht war er weitsichtig und konnte das Blatt nicht
weit genug weghalten, oder er hat Beethovens Handschrift nicht entziffern können und es stand dort vielleicht "Für Therese" und nicht "Für Elise"? Vielleicht saßen Ludwig Nohl und Anna, -
Therese von Droßniks Schwester -, einmal bei einem Käffchen zusammen und machten einen Deal, dass der Name Therese besser nicht auf dem Klavierstückchen erscheinen sollte. Wer weiss schon,
welche geheimen Treffen und Gepräche vorgefallen waren...
Auf jeden Fall zerriss es Beethovens Herz, als sein Heiratsantrag an die adlige schöne braunlockige Therese 1810 zurückgewiesen wurde, weil ihre Heirat nicht
standesgemäss gewesen wäre.
Ich bin zwar Musikwissenschaftler, aber da ich keine Zeit und kein Geld habe, alle Bibliotheken abzuklappern, um herauszufinden, für wen "Für Elise" wirklich
gedacht war, träume ich mir mal einfach etwas zusammen (dies ist ja auch kein wissenschaftlicher Blog, nur einer der Spaß machen und Interesse wecken soll :D). Und da ich Romantiker bin,
stelle ich mir das einfach mal so vor. Beethoven kramte seine Skizzen zur Pastorale von 1808 hervor, weil er sich an das "anmuthige" Thema erinnerte, das doch so schön zur Therese passen
würde. Er würde ihr ein schönes "Klavierstückchen" schreiben, und ihr dieses zur Hochzeit schenken. Er überlegte schon gewissenhaft darüber nach, wie er ihr einen schönen Heiratsantrag machen
könnte und sammelte sich bereits alle bürokratischen Unterlagen zusammen, die er für die Heirat bräuchte. Das fließende Stückchen war bald vollkommen, so vollkommen wie die wunderschöne
Therese. Und es würde nur für seine Therese sein. Ein privates Schätzchen für seinen Schatz.
Das WoO 59.
Doch es kam anders. Beethoven wurde abgewiesen. Mit gebrochenem Herzen stürmte er nach Hause. Seine beiden vollkommenen Schätze blieben zurück.
1822 bearbeitete Beethoven das Stück noch einmal, um es als Nr.12 am Ende eines Zyklus von Bagatellen zu veröffentlichen, was aber nie geschah. Schließlich war
seine Liebe zur Therese keine Bagatelle.
Therese um 1810 im Kreise ihrer Familie
Therese von Droßdik wurde am 1. Januar 1792 als Therese Malfatti in Wien geboren. 1806 wurde sie über den neuen Titel ihres Vaters "Edler von Rohrenbach zu
Dezza" in den Adelsstand erhoben. Durch die Bekanntschaft ihrer Schwester Anna mit Beethovens Freund Ignaz von Gleichenstein, den sie später im Jahr 1811 heiratete, lernte der 40-jährige
Beethoven 1810 die 18-jährige Therese kennen und fühlte sich mit ihr zusammen so wohl, dass er kurz darauf um ihre Hand anhielt, wie wir ja schon wissen leider erfolglos.
Therese heiratete 6 Jahre später den 21 Jahre älteren k. k. Hofrat Johann Wilhelm von Droßdik, der ca. ein Jahr nach Thereses Tod im Jahr 1852 verstarb.
Therese bezeichnete sich selbst als Schülerin Beethovens und spielte seine Sonaten mit großer Virtuosiät.
Dieses Beispiel finde ich etwas an den Haaren herbeigezogen, denn für mich steht da nicht "Elise", sondern ganz einfach Dherese-rese, wenn man ab dem D rückwärts
liest:
D - H - E - Dis(ES) - E - Dis(ES) - E
Wenn ich jetzt das mal mit Therese vergleiche und es sächsisch auspreche wie die Dherese aus Dheresden, dann kommen wir der ganzen Sache schon näher:
D - H - E - Dis(ES) - E - Dis(ES) - E
T - H - E - R - ES - E - (R - ES - E)
Und wenn man Ton für Ton die Buchstaben verteilt, dann geht es auch genau auf:
D - H - E - Dis(ES) - E - Dis(ES) - E
T - H - E - R - E - S - E
Gut, das R hab ich mir jetzt einfach mal so dazugedichtet, aber im Wort "Kreuz" ist ja eins drin. Da klauen wir uns einfach das R heraus, dann ist das Kreuz ein
Keuz, also kein Kreuz mehr und wandeln es einfach mal so in ein B-Vorzeichen, so dass aus dem Dis ein Es wird, weil wir das Es hier besser gebrauchen können. Die gute Dame heißt ja auch
Therese und nicht Therdise (Reimt sich aber schön auf Elise). Vielleicht hat Beethoven im Stillen die Therese einfach Rese genannt und daraus ist das Dhereserese geworden.
Eine Konversation könnte in heutiger Zeit so gewesen sein:
"Hi Rese, na, wie gehts? Schau mal, ich hab Dir was mitgebracht!"
"Oh, hi Ludwich, ja, was denn?"
"Diesmal keine Pralinen, aber was anderes! Ich hab Dir was komponiert!"
"Was? Echt?"
"Schau mal, ich hab hier Deinen Namen eingebaut. Wenn Du ab hier mal rückwärts liest - D -H.."
"Mann, voll krass! Aber da steht ja ein DIS? Ich heiss ja nicht TherDISe?"
"Na, klar, das weiss ich doch! Es soll ja auch net gleich jeder sehen, dass da Therese steht!"
"Achso? Na dann kannst Du das Stückchen ja einfach Elise nennen. Das reimt sich auf Therdise!"
Die Perfektionisten unter Euch werden jetzt fragen: Und was machen wir mit dem C&A?
Heutzutage gehen manche dort einkaufen, aber da wir ja rückwärts lesen, können wir uns jetzt Gedanken über A&C machen.
ACDC passt auch nicht. Hm, Brainstorming.... AC-DHERESERESE - (Horst Schlämmertonfall:) Ach 'chätzelein, Dherese- Rese...
Nun ja, ich habe keine Ahnung, bestimmt ein Insider zwischen Ludwich und Rese!
Und welche Erinnerungen, Erlebnisse und Geschichten habt ihr bei "Elise"? Ich freue mich auf Eure Kommentare!